3.9. Mathematikkonzept der GGS Bösensell
a) Einleitung
Wenn die Kinder in die Schule kommen, bringen sie unterschiedliche „mathematische Alltagserfahrungen“ mit. Oft verbinden die Kinder mit dem Fach Mathematik erst einmal Ziffern/Zahlen/Mengen und das Rechnen mit diesen. Im Mathematikunterricht wird das von den Kindern sehr deutlich formuliert. Kinder, die sich mit Mengen und Ziffern beschäftigt haben, gehen deshalb mit großem Selbstbewusstsein an das Fach Mathematik heran. Andere dagegen, die in ihrem bisherigen Leben Zahlen und Mengen eher distanziert begegnet sind, wollen auf Grund dieser Skepsis, langsam – in ihrem Tempo an die mathematischen Inhalte und Prozesse herangeführt werden. Um einen aktiv – entdeckenden Umgang mit der Mathematik über die weiteren Schuljahre aufrecht zu erhalten, ist es wichtig, von Beginn an dem Mathematikunterricht eine breitere Grundlage zu geben sowohl im Umgang mit Zahlen und Mengen als auch vielmehr mit der Durchdringung der Zahlenräume im Hinblick auf deren Muster und Strukturen.
Um diesem lernplankonformen Mathematikunterricht gerecht zu werden, hat die Grundschule Bösensell, sich dazu entschieden, in allen Jahrgängen als Basis mit dem Lehrwerk „Das Zahlenbuch“ zu arbeiten. Im Zahlenbuch wird dem aktiv-entdeckenden und dem sozialen Lernen konsequent Raum gegeben. Entdeckendes Lernen weckt Neugier und fordert Kreativität und Anstrengungsbereitschaft heraus. Die Schüler können besonders dann individuelle Lösungsansätze und Strategien entwickeln sowie mathematische Strukturen und Gesetzmäßigkeiten entdecken, wenn sie mit herausfordernden Fragestellungen in offenen Aufgaben konfrontiert werden. (Durch ein schlüssiges fachliches Konzept sowie) Durch den sozialen Austausch mit der Lehrkraft und anderen Lernenden, wird trotz individueller Unterschiede während des Lernprozesses am Ende gemeinsames Wissen aufgebaut und gefestigt.
b) Mathematikunterricht in der Grundschule – Lehrplan Mathematik
Mathematiklernen umfasst mehr als die Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten. Vielmehr ist die Entwicklung eines gesicherten Verständnisses mathematischer Inhalte Ziel des heutigen Mathematikunterrichts. Offene und handlungsorientierte Aufgabenstellungen ermöglichen Kindern, kreativ zu werden. Bereits erworbene Kenntnisse können nun variieren und auf neue Situationen übertragen werden. Im sozialen Austausch miteinander, z. B. bei Rechenkonferenzen wird argumentiert und Kinder lernen zunehmend, eigene Denkprozesse nachvollziehbar darzustellen. Prozessorientierte Kompetenzen werden immer wieder trainiert. Zur Erreichung dieses Ziels sollen die Schüler bereits in der Grundschule sowohl inhaltsbezogene als auch prozessbezogene Kompetenzen erwerben. (vgl. Lehrplan Mathematik S. 55/56)
Inhaltsbezogene Kompetenzen beziehen sich primär auf Inhalte, die im Lehrplan des Landes NRW für die Grundschule in folgende Bereiche eingeteilt werden:
> Umgang mit Zahlen und Operationen
> Umgang mit Raum und Form
> Umgang mit Größen und Messen
> Umgang mit Daten, Häufigkeiten und Wahrscheinlichkeiten.
„Prozessbezogene Kompetenzen werden in der aktiven Auseinandersetzung mit konkreten Lerninhalten, also unter Nutzung inhaltsbezogener Kompetenzen erworben und weiterentwickelt. Zugleich unterstützen prozessbezogene Kompetenzen den verständigen Erwerb inhaltsbezogener Fertigkeiten und Fähigkeiten. Folgende prozessbezogenen Kompetenzen sind besonders für eine erfolgreiche Aneignung und Nutzung der Mathematik bedeutsam:
- Problemlösen/kreativ sein
- Modellieren
- Argumentieren
- Darstellen/Kommunizieren
Die zur Auswahl stehenden Aufgaben sollen dabei differenziert Fragestellungen auf unterschiedlichem Niveau in den Blick nehmen und verschiedene Lösungswege ermöglichen. Damit wird eine „grundlegende mathematische Bildung gefördert, die das Mathematiklernen in der weiterführenden Schule und für das lebenslange Auseinandersetzen mit mathematischen Anforderungen des täglichen Lebens“ schafft. (vgl. Lehrplan Mathematik Grundschule S. 55-58
„c) "Das Zahlenbuch“– ein Lehrwerk für den differenziert strukturierten Unterricht
Die tragenden Grundideen des Zahlenbuches
Da die Unterrichtszeit begrenzt ist, muss der Stoff auf diejenigen inhaltlichen Grundideen konzentriert werden, die für die Umwelterschließung und für ein Verständnis der Fachstruktur unerlässlich sind. Die aufgelisteten Grundideen der Arithmetik und Geometrie reichen weit über die Grundschule hinaus, in die höheren Schulstufen hinein. In ihnen sind „strukturelle“ und „praktische“ Aspekte aufeinander bezogen.
Grundideen im Bereich Arithmetik:
- Zahlenreihen
- Rechnen, Rechengesetze, Rechenvorteile
- Zehnersystem
- Rechenverfahren
- Arithmetische Gesetzmäßigkeiten und Muster
- Zahlen in der Umwelt
- Übersetzung in die Zahl- Formsprache
Grundideen der Geometrie:
- Formen und ihre Konstruktion
- Operieren mit Formen
- Koordinaten
- Maße und Formeln
- Geometrische Gesetzmäßigkeiten und Muster
- Formen in der Umwelt
- Übersetzung in die Zahl- und Formsprache
Grundideen der Stochastik
- Quantitative Beschreibung des Zufalls
- Rechnen mit Wahrscheinlichkeit
- Grundlegende Zufallsexperimente
- Formeln
- Stochastische Gesetzmäßigkeiten und Muster
- Zufall in der Umwelt
- Stochastische Modellbildung
Diese mathematischen Grundideen der Inhaltsbereiche werden nach dem Spiralprinzip entwickelt. Durch das immer wieder Aufgreifen und Vertiefen dieser Grundidee in den folgenden Stufen, können die Kinder so Schritt für Schritt in die Mathematik hineinwachsen. Auf diese Weise wird nachhaltiges Lernen gesichert.
Lernziele und Kompetenzen
Im ZAHLENBUCH wird seit jeher die „inhaltsbezogenen mathematischen Kompetenzen“ der Bildungsstandards als „inhaltliche Lernziele“ und die „allgemeinen mathematischen Kompetenzen“ als „allgemeine Lernziele“ verstanden.
Inhaltliche Lernziele (Kompetenzen) schaffen eine gute Basis für die Förderung allgemeiner Lernziele (Kompetenzen) und umgekehrt. Insofern bedingt jede Lernzielkategorie die andere. Für die praktische Arbeit muss aber ein wichtiger Unterschied im Auge behalten werden: während sich bei inhaltlichen Lernzielen vorzeigbare Erfolge in einem begrenzten Zeitraum erzielen lassen, stellen sich Fortschritte bei den allgemeinen Lernzielen nur langfristig und nur dann ein, wenn mit Geduld und Beharrlichkeit an ihnen gearbeitet wird.
Arbeitsmittel und bildliche Darstellung
Die Wahl von wenigen und eindeutigen Anschauungs- und Arbeitsmittel unterstützen die Grundideen des Zahlenbuchs am besten. Ihr ständiger Gebrauch schafft die besten Voraussetzungen dafür, dass Darstellungen in Vorstellungen übergehen und eine Grundlage für mentale Operationen bilden. Aus dem gleichen Grund werden auch bildliche und symbolische Darstellungen sowie Sprechweisen und Fachausdrücke auf diejenigen beschränkt, die weiterführende Bedeutung haben.
Ganzheitliche Behandlung von Rahmenthemen in mehreren Durchgängen
Der ganzheitliche Zugang unterscheidet sich grundlegend vom traditionellen Zugang.
Im Zahlenbuch gibt es Rahmenthemen, die in mehreren Durchgängen erarbeitet werden müssen. Die ersten Durchgänge dienen der Orientierung und Einführung, die weiteren der Übung, Vertiefung und Ergänzung. Bei arithmetischen Rahmenthemen steht am Schluss immer die Automatisierung. Jedes Kind kann bei diesem Vorgehen an seine individuellen Voraussetzungen anknüpfen und hat genügend Zeit um sein Wissensnetz von Durchgang zu Durchgang zu erweitern und zu festigen. Wie eingangs schon angemerkt, sind Lücken bei einem Durchgang kein Hindernis für sinnvolles Lernen im nächsten Durchgang. Da der Lernprozess die Lernziele immer wieder neu und von einer anderen Seite aus ansteuert, gibt es für die Kinder genügend Möglichkeiten, um ihre Lücken allmählich zu schließen. Es besteht kein Grund zur Sorge, dass Kinder „abgehängt“ werden.
Der Umgang mit Fehlern
Im aktiv-entdeckenden Unterricht wird mit Fehlern anders umgegangen: Die Kinder erhalten zuerst einmal Zeit, um sich selbst an neuen Aufgaben zu versuchen, alleine oder im Austausch mit anderen Kindern. Auf diese Weise können sie die notwendige Verbindung zu ihrem Vorwissen am besten herstellen. Bei diesen ersten Versuchen werden auch Fehler auftreten, denn es gehört zum Wesen des Lernens, Fehler zu machen. Die Kinder brauchen natürlich eine Rückmeldung zu Fehlern, die sie selbst nicht erkennen. Damit werden die Kinder besser befähigt, von sich aus Fehler zu vermeiden, als durch von außen mitgeteilte Rezepte zur Fehlervermeidung, deren blinde Befolgung selbst eine Fehlerquelle ist.
Grundlegendes, Automatisierendes und produktives Üben
Der weitaus größte Teil des Unterrichts muss aus guten Gründen das Üben einnehmen.
Das grundlegende Üben ist angebracht, wenn ein Thema neu eingeführt wird. Dann werden neue Aufgabenstellungen und Lösungswege zusammen mit neuen Sprechweisen handelnd an geeigneten Materialien erarbeitet.
Ganz neu im Vergleich mit dem traditionellen Unterricht sind die sogenannten produktiven Übungen, die durch die gemeinsame Förderung inhaltlicher und allgemeiner Lernziele (Kompetenzen) gekennzeichnet sind. Eine besondere Bedeutung für das produktive Üben haben Übungsformate (Zahlenmauern, schöne Päckchen, Rechenketten, etc.) die auf mathematischen Strukturen beruhen und wie Formulare unterschiedlich gefüllt werden. Diese Übungsformate kehren in allen Klassenstufen wieder.
An die Seite des grundlegenden und des produktiven Übens tritt ein dritter Übungstyp: das automatisierende Üben. Aktiv-entdeckendes Lernen und die Automatisierung von Wissenselementen und Fertigkeiten sind keineswegs Gegensätze, sondern bedingen einander: Aktiv-entdeckendes Lernen schafft die Verständnisgrundlage, die für die Automatisierung notwendig ist, und umgekehrt bildet automatisiertes Wissen die notwendige Grundlage für aktiv-entdeckende Lernprozesse auf der nächst höheren Stufe. Im Sinne eines angezielten fortschreitenden Lernprozesses werden Aufgaben, die zu Beginn noch das Reflektieren von Beziehungen erfordern, zu Aufgaben, die mehr und mehr routiniert bearbeitet - also automatisiert werden können.
Das Blitzrechnen umfasst die zehn wichtigsten arithmetischen Themen eines Schuljahres. Die Übungsformate sind im Zahlenbuch verankert. Die Kinder arbeiten mit einem Partner an den Operationsfeldern oder mit der Rechenkartei „Blitzrechnen“. Das Blitzrechnen ist ein Trainingskurs, der in der Schule als auch zu Hause stattfinden kann.
d) Beobachtung des Lernprozesses und Leistung erkennen
Lern und Leistungskontrollen werden hauptsächlich aus drei Gründen durchgeführt: um Kindern (und Eltern) wertfrei eine Rückmeldung über den Lernstand bzw. den Lernfortschritt zu geben, um den Lernstand zu bewerten (Benotung) oder als Diagnostik, um eine Förderung anzuschließen. Diese drei Aspekte sind eng miteinander verwoben. Eine Note kann auch gleichzeitig eine Rückmeldung sein; auch aus Lernzielkontrollen am Ende der Behandlung eines Stoffabschnitts, die zur Leistungsfeststellung dienen, lassen sich auch diagnostische Informationen darüber entnehmen, welche Fertigkeiten im weiteren Unterricht nochmals geübt werden müssen.
Weiteres Übungsmaterial bieten die Lernwerkstatt am Computer und die Anton-App am Tablet, durch die wir die eigenständige Arbeit jedes einzelnen Kindes nachverfolgen können. Die Lernwerkstatt und die Anton-App sind im Sinne einer Lerndokumentation zu sehen. Im Zusammenhang mit den täglichen Beobachtungen im Unterricht unterstützen sie den Lehrer und die Schüler. Die Schüler erhalten gezielt die Möglichkeit verschiedene Aufgaben alleine zu üben und bekommen direkt eine Rückmeldung über die Richtigkeit der bearbeiteten Aufgabe. Der Lehrer kann sich später über die Quantität und den jeweiligen Schwierigkeitsgrad der gelösten Aufgaben informieren.
Verweise auf benutzte Quellen:
- : Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW: Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule in Nordrhein Westfalen, 1.Auflage 2008: hier Lehrplan Mathematik
- Grundkonzeption des Zahlenbuchs. 2021, 23.01. http//:www.mathematik.uni-dortmund.de
- Wittmann,G. Müller, Das Zahlenbuch - Lehrerband. Stuttgart: Ernst Klett Verlag 2017.
Stand 1. Mai 2021